ChatGPT – künstliche Intelligenz ohne Herz

ChatGPT – künstliche Intelligenz ohne Herz

ChatGPT. Für die einen ein Segen, für andere ein Wort, das mittleres Entsetzen auslöst. Seit Herbst 2022 ist eine Version des Chatprogramms online, das intelligenter ist als all seine Vorgänger. Ich selbst habe es nicht nicht ausprobiert, aber ich werde während meiner Arbeit nahezu täglich damit konfrontiert. „Schreiben Sie selbst? Benutzen Sie KI? Ich prüfe alle Texte. Wenn Sie es nutzen, ist das Betrug.“ Nein, ich nutze keine KI und schreibe meine Texte klassisch auf der Tastatur. Doch wegschauen kann niemand mehr. Der Versuch einer Bestandsaufnahme.


Das Wichtigste in Kürze:

  • ChatGPT vom Entwickler OperAI ist ein Chatbot, der Texte generiert
  • Das Tool ist in der Lage, via Chat natürliche Unterhaltungen zu führen
  • Die Erstellung von Texten erfolgt in Bruchteilen von Sekunden
  • Die Texte sind in Rechtschreibung und Grammatik fehlerfrei
  • Das Wissen von ChatGPT ist um etwa zwei Jahre veraltet. Künftig sollen neuere Versionen auf Suchmaschinen zugreifen und aktuelle Ergebnisse liefern

Möchten wir Computertexte lesen?

Zugegeben: Ich bin ein wenig voreingenommen. Schließlich lebe ich vom Verfassen von Texten mit Inhalten, die meine Kunden beauftragen. Ich schreibe Bücher und ich blogge. Genau genommen schreibe ich den ganzen Tag. Und nein, meinen Job möchte ich nicht verlieren. Wer will das schon? Doch Voreingenommenheit ist fehl am Platz, denn es geht uns alle etwas an.

Texte mit Herz und Seele

Jeder geschriebene Text, sei es dieser hier oder sei es ein Buch, das wir verschlingen: Jeder von Menschenhand verfasste Text hat ein Herz und eine Seele. Ich drücke das bewusst mit einer gewissen Theatralik aus. Denn ich habe noch nie mit ChatGPT oder ähnlichen Programmen gearbeitet. Ich habe Texte gelesen, die mit diesen Programmen erstellt wurden. Ja, sie sind fehlerfrei. Und sie sind inhaltlich richtig. Sprachlich sind sie auch okay. Doch es sind Texte, die nicht aus menschlicher Feder stammen. Diesen Texten fehlte etwas. Es ist das, was ich mit Herz und Seele bezeichne. Wollen wir in Zukunft nur noch solche Texte lesen? Oder wird der rasante Fortschritt der Digitalisierung das erste Mal gebremst, weil der Mensch zu seinen Basics zurückkehrt?

Die Informationen drehen sich im Kreis

Bei der Kommunikation mit dem Chatbot ist mir aufgefallen, dass sich die Informationen im Kreis drehen. Das Programm formuliert Dinge immer wieder um. So werden fehlende Informationen überspielt. Außerdem ist mir aufgefallen, dass der Chatbos immer wieder identische Redewendungen nutzt. Derartige Texte dürfte die Autorenschaft ihren Kunden nicht anbieten. Aber ein menschlicher Autor ist teurer. Somit sind Autor und Chatbot nur schwer vergleichbar.

Es scheint, als wende sich das Blatt: Eine Reihe von Auftraggebern möchte nicht, dass KI in den Texten verwendet wird. War der Hype nach dem Erscheinen des Programms im November 2022 so groß, dass eine Schar von Autoren plötzlich keine Arbeit mehr hatte, treten nun doch Defizite hervor: Die redundanten Informationen und die immer wiederkehrende Sprache unterscheiden sich von Texten aus menschlicher Hand. Bemerken Leser, dass sie Texte vorliegen haben, die von einem Computer geschrieben wurden? Bislang gibt es keine verlässlichen Studien.

Italien sperrt den Dienst und ein Abiturient betrügt

ChatGPT ist in den täglichen Nachrichten angekommen: Italien hat den Dienst im März 2023 gesperrt. Begründung: Jugendschutz und Datenschutz wären nicht gewährleistet. Wer gehofft hatte, dass Deutschland nachzieht, wurde enttäuscht. Dabei ist die Bundesrepublik doch eigentlich auf Platz 1, wenn es um die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen geht.

In Hamburg nutzte ein Schüler ChatGPT, um seine Abiturprüfung zu schreiben. Es handelte sich um einen Einzelfall, der publik wurde und den Weg in die Presse schaffte. Selbstverständlich ist die Nutzung eines Chatbots beim Ablegen einer Prüfung untersagt. Doch werden sich alle Schüler, Azubis und Studenten daran halten? Können Lehrer, Ausbilder und Dozenten sicher ausschließen, dass Abschlussaufgaben künftig mithilfe der KI gelöst werden? Und welche Auswirkungen hätte es, wenn die Aufsichtspersonen nicht mehr in der Lage sind, einzelne Schüler wegen Betrugs von der Prüfung zu entbinden? Weil die Geräte, die Schüler bei sich tragen, zu klein sind? Oder weil die Technik immer intelligenter wird?

Wehret den Anfängen, lautet ein bekanntes Sprichwort. Italien hat die Bremse gezogen. Deutschland nicht und viele andere Länder auch nicht. Die Autorschaft ist ein kleiner Fisch, über den gar nicht berichtet wird. Manchmal ärgert es mich. Die Probleme der Gastro werden nahezu täglich in den Medien kommuniziert. Dass sich viele Freelancer quasi von heute auf morgen umorientieren mussten, blieb verborgen. Doch wie geht es weiter, mit der Künstlichen Intelligenz? Ängstliche Zukunftsforscher sorgen sich um die Sicherheit unterer Weltordnung. Wäre das nicht ein Grund zum Eingreifen? Offenbar nicht. Doch bleiben wir bei unseren Leisten und lassen wir die großen Themen einmal beiseite. Dann stehen immer noch genug Fragen im Raum.

Sind KI-Texte Plagiate?

Im Raum steht die Frage, ob es sich bei den von ChatGPT erstellten Texten um Plagiate handelt. Der Chatbot nutzt Informationen aus dem Netz. Wir Autoren machen genau genommen nichts anderes: Wir recherchieren zu einem Thema im Internet und schreiben dazu einen Text, den es so noch nie gegeben hat. Wir bedienen uns der Informationen, die wir im Netz finden. Zwei Dinge unterscheiden uns von der KI: Unser Schreibstil und die Tatsache, dass wir unseren Auftraggebern keine Plagiate anbieten. Zumindest dann nicht, wenn wir seriös arbeiten.

Menschliche Autoren sind in der Lage, Informationen so zu verarbeiten, dass daraus ein neuer Text entsteht. Die KI kopiert die Informationen und setzt sie in einem neuen Artikel zusammen. Es gibt Experten, die der Meinung sind, dass es sich um Plagiate handelt. „Wir haben Zustände wie im Wilden Westen“, schrieb der wütende CEO einer Digitalagentur in seinen Blog. An seiner Agentur hängt seine Existenz und die seiner Mitarbeiter. Da kann man schonmal wütend werden. Doch die Frage, ob es sich nun um Plagiate handelt oder nicht, konnte er mit seinem Wutausbruch leider nicht beantworten.

ChatGPT sammelt Informationen aus dem Netz

Schreibt ChatGPT nun ab? Schließlich handelt es sich um künstliche Intelligenz und nicht um menschliche. Diese Frage wird diskutiert werden müssen. Mittlerweile greift die aktuelle Schülergeneration zu. Doch seien wir ehrlich: Betrügereien gab es auch zu meiner Zeit. Zu der meiner Kinder und Eltern auch. Es stellt sich die Frage, ob jetzt wirklich alles anders ist. Oder ob uns die Digitalisierung – mal wieder – eine neue Dimension geschenkt hat.

Meine persönliche Meinung sieht so aus: Wenn ich einen Text aus verschiedenen Schnipseln kopieren würde, die ich im Internet finde, hätte ich schnelles Geld verdient. Doch meine Freude würde nur so lange anhalten, bis der Text durch den Plagiatscheck des Auftraggebers wandert. Wenn ich Glück habe, bekomme ich ihn zur Bearbeitung zurück. Wenn nicht, bekomme ich eine Betrugsanzeige.

Kopiert ChatGPT die Textschnipsel oder kann das Programm doch eigenständige Texte formulieren? Arbeitet der Chatbot wie wir Texter und denkt sich die vorhandenen Informationen in einer schönen Verpackung, gespickt mit Aktuellem, neu? Oder haben ihm menschliche Autoren doch noch etwas voraus?

Ich kann die Frage leider nicht beantworten. Doch ich weiß, was ich als User nicht möchte: Im Internet nur noch Texte von einem Chatbot lesen. Da ich mich viel mit dem geschriebenen Wort befasse, erkenne ich das sofort und klicke weg. So habe ich es einst auch mit keywordüberladenen SEO-Texten getan. Macht Google das auch so? Offenbar nicht. Sonst wäre der weiter oben erwähnte CEO der Digitalagentur nicht so wütend geworden.

Wie reagiert Google auf ChatGPT?

Google ist streng mit Texten, die als Plagiat identifiziert werden. Die Suchmaschine straft die Seiten ab: Sie rutschen im Ranking nach unten. Passiert das auch mit Texten, die mit ChatGPT oder anderer künstlicher Intelligenz erstellt wurden? Diese Frage ist bisher unbeantwortet geblieben. Google entwickelt derzeit ein eigenes Tool für die Arbeit mit der künstlichen Intelligenz. Ob das ist ein Zeichen für oder gegen KI-Texte ist, lässt sich derzeit noch nicht sagen.

Menschliche Gedanken vs. künstliche Intelligenz

Die künstliche Intelligenz ist vom Menschen erschaffen worden. Somit verarbeitet sie menschliche Gedanken. Die Frage, ob sie das eines Tages besser kann als wir und ob wir von ihr beherrscht werden, kann im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts noch nicht beantwortet werden. Fakt ist aber, dass es unser Leben tatsächlich ein weiteres Mal gravierend verändern kann. Wir haben im verstaubten Lexikon aus dem Bücherregal nach Informationen gesucht. Unsere Kinder und Enkel fragen Google. Fragen wir in zwei oder fünf Jahren ChatGPT oder irgendeinen anderen Dienst? Und was macht das mit uns?

Komplexe Gedanken können fesseln

Menschliche Gedanken sind so komplex, dass sie mitunter nur schwer zu Papier zu bringen sind. Doch genau darin liegt die Besonderheit: Gedanken auf eine Weise zu Papier bringen, die fesselt und gern gelesen wird. Und jetzt schließt sich der Kreis. Möchten wir in Zukunft nur noch Texte lesen, die von einem Computer geschrieben wurden? Oder legen wir doch Wert auf ein Herz und eine Seele? Beides kann nur in Texten stecken, die von einem Menschen geschrieben wurden. Denn künstliche Intelligenz hat weder das eine noch da andere.

Wir haben es in der Hand

Letztlich liegt es in unserer Hand. Wir haben durch die Digitalisierung radikale Veränderungen in unserem Leben erfahren. Zumindest gilt das für meine Generation und die meiner Eltern. Es gibt keine Lohntüte mehr, keinen Scheck und kaum noch Bankberater. Der Versicherungsvertreter kam zu uns nach Hause, wir kauften im stationären Handel ein und buchten unsere Reisen im Reisebüro. All dies hat sich in den letzten 30 Jahren verändert.

Möchten wir künftig unsere Gedanken abgeben, die wir in Form von Texten aufschreiben? Diese Frage sollte sich jeder Einzelne stellen. ChatGPT ist günstig, schnell und effektiv. Doch es ist ein Computer, dem wir einen weiteren Bereich unseres Lebens anvertrauen. Ich bin dagegen, weil das geschriebene Wort mit Herz und Seele meine Leidenschaft ist. Nicht nur, weil ich als Autorin arbeite, sondern weil ich gedruckte Bücher seit meiner Jugend verschlinge. Und die sollten doch bitte von einem Menschen verfasst werden.

Ich habe mich gegen die Nutzung von KI bei der Texterstellung entschieden. Wenn diese Entscheidung zur Folge hat, dass ich Oldschool bin, nehme ich das in Kauf. Im Moment sieht es nach einer Kehrtwende aus. Verwendung von KI ist verboten und wird zur Anzeige gebracht. Ich bearbeite Aufträge mit derartigen Briefings gern. Ich kann Oldschool bleiben.

Texterstellung ohne KI

Texterstellung ohne KI, mit Herz und Schnauze, wie der Berliner sagen würde, ist noch nicht ganz ausgestorben. Es gibt Tage, in denen in jedem Briefing zu lesen ist, dass sich die Arbeit unter Zuhilfenahme der KI häuft. Mittlerweile gibt es Programme, die erkennen, ob ein Text mit KI oder von Hand geschrieben wurde.

Ich beobachte die Entwicklung mit großem Interesse und freue mich wirklich, dass es Auftraggeber gibt, die schon jetzt, recht kurze Zeit nach der Einführung von ChatGPT, den Wert der Texte erkannt haben, die mit Herz (und Schnauze) geschrieben wurden. Ich erstelle alle Beiträge ohne KI. Für meine Auftraggeber, für meine Blogs, aber auch für mich selbst.

Bildquelle © BrianPenny | pixabay


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