Teenager-Mütter: Bitte keine Vorurteile!
Es ist selten geworden, aber es gibt sie noch: Teenager Mütter, die vor ihrem 20. Geburtstag ein Kind bekommen. Was bedeutet es heute für junge Frauen, früh Mutter zu werden? In diesem Artikel möchte ich eine Lanze brechen, für alle jungen Mütter: Lasst Euch davon überzeugen, dass ein Kind in jedem Alter eine einzigartige Aufgabe ist, die Ihr meistern könnt. Es ist eine Herausforderung, aber eine wunderschöne. Leider gibt es viele Vorurteile, die häufig von älteren Müttern ausgesprochen werden. Dabei haben Kinder von Teenager-Müttern nicht automatisch einen schlechteren Start ins Leben. Ich war selbst eine sehr junge Mutter und möchte die Vorurteile entkräften. Vielleicht gelingt es mir … wenigstens ein bisschen.

Junge Mütter – alte Vorurteile
Heute begegnen ganz junge Mütter so einigen Vorurteilen. Von vornherein wird ihnen abgesprochen, ihre Rolle gut ausfüllen zu können. Das ist ungerecht, manchmal geht es unter die Gürtellinie. Die Zeitschrift „Brigitte“ veröffentlichte einen Artikel auf ihrer Facebook-Seite. Es ging um eine Frau, die mit Ende 40 plötzlich schwanger wurde. Sie hatte sich in den Wechseljahren gewähnt und nicht mehr damit gerechnet. Dann stellte sie sich auf die neue Herausforderung ein.
Unter dem Kommentar schrieb eine Frau, dass sie in dem Alter bereits Enkelkinder hatte und sich eine späte Mutterschaft nicht vorstellen könnte. Sie fügte aber hinzu, das jeder seinen eigenen Weg finden muss. Es war ein neutraler, respektvoller Kommentar, der auf diese Weise beantwortet wurde:
Sie waren ja gerade mal erwachsen, als Sie glaubten, Eltern sein zu können … ist vermutlich passiert … oder keine anderen Interessen.
Elma Tosheva auf Facebook
Die Userin prahlte in weiteren Kommentaren mit einem hohen Lebensstandard, der eine Karriere, Weltreisen das Eigenheim umfasste, bevor sie mit 40 Jahren eine glückliche Mutter wurde. Sie stellte die Frage, was denn die junge Mutter erreicht hätte: Hat es denn wenigstens zu einem Berufseinstieg gereicht? Ein Aufstieg wäre wohl nicht möglich gewesen. Das war nur eine ihrer Gehässigkeiten, auf die sie folgende Antwort bekam:
Sie sind bestimmt eine ganz tolle alte Mutter. Ich hoffe, Ihr Kind verhält sich in Ihrem hohen Alter mal anders als Sie und beleidigt keine Menschen.
Claudia Lucht-Jansen auf Facebook
Derartige Vorurteile finden sich nicht nur in sozialen Netzwerken, sondern auch im alltäglichen Leben. In der Antwort von Frau Lucht-Jansen ist eine Frage enthalten, die auch ich mir immer wieder stelle: Äußert Frau Tosheva die Vorurteile ganz jungen Müttern gegenüber auch vor ihrem Kind? Und wie würde sie selbst mit einer frühen Elternschaft ihrer Tochter oder ihres Sohnes umgehen?
Junge Eltern können ihre Aufgabe meistern
Ich möchte die Aussage aufgreifen und mich selbst als Teenager-Mutter outen. Wenn ich die Aussage auf meinen Mann und mich beziehe, dann behauptet Frau Tosheva, dass wir glaubten Eltern zu sein, keine Ahnung von Verhütung hätten und keine anderen Interessen.
Wer als Teenager schwanger wird, hat das Kind vermutlich nur in ganz seltenen Fällen so bewusst geplant wie eine Mutter, die zehn oder 20 Jahre älter ist. Mein Mann und ich wussten sehr gut, wie Verhütung funktioniert. Wir haben es damit nicht so ernst genommen. Irgendwie fanden wir den Gedanken an ein Baby spannend, zumal seine Eltern unserer Beziehung Steine in den Weg legten. Heute würde ich sagen, das Vergessen der Pille war eine Mischung aus Protest und Leichtsinn. Als ich schwanger wurde, war es keine Überraschung.
Nun muss ich mein Outing noch erweitern: Unser Kind wurde in der DDR geboren: Ich war nicht die einzige minderjährige Mama auf der Station. Es war üblich und ganz normal, früh Kinder zu bekommen. Vielleicht nicht als Teenager, viele junge Mamas hatten ihre Ausbildung abgeschlossen und waren Anfang 20. Unser Leben in der DDR war ein anderes: Wir hatten nicht so viele Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung, wir konnten nur sehr eingeschränkt reisen und die Familie hatte einen hohen Stellenwert.
Feiern und reisen?
Die Jugend war bei uns mit der Geburt unseres Sohnes natürlich nicht vorbei: Wir sind ja nicht älter geworden, nur weil wir ein Kind hatten. Doch diese sprichwörtlich gemeinte Aussage ist auch so viel zu allgemein. Denn jeder hat andere Interessen und Ideen, wie er die Jugendzeit in seinem Leben verbringen möchte.
Feiern, bis der Arzt kommt, konnten wir nicht mehr. Doch wir haben es nie vermisst. Wir waren glücklich, dass wir zusammenleben konnten. Ohne unser Kind hätten wir dem Druck der Schwiegereltern vielleicht eines Tages nachgegeben, weil wir die Stärke nicht gehabt hätten und dann doch unserer Wege gegangen wären. Das Eltern-Kind-Verhältnis war in unseren Herkunftsfamilien totalitärer, als wir es mit unseren Kindern gelebt haben. Wir waren so stolz, auf unsere junge Elternschaft, dass wir zweieinhalb Jahre später ein zweites Kind bekamen. Da war ich zwanzig. Vor meinem 25. Geburtstag hatte ich drei Kinder.
Karriere oder Weltreisen waren auch nach der Wende nicht unser Lebensziel. Wir sind in der DDR mit anderen Werten aufgewachsen. Es gab nicht nur die Verfolgung durch die Stasi, es gab ein anderes Miteinander. Wir waren gleicher, als es die Menschen heute sind, weil Wohlstand staatlich gesteuert wurde. Als Kinder haben wir davon nicht viel mitbekommen. Wir werden in unsere Welt hineingeboren und passen uns an. Ich bin ein absoluter Familienmensch. Mein damaliger Freund und heutiger Mann hatte in seiner Familie nicht so viel Glück. Doch nachdem er zu uns gezogen war, fühlte er sich sofort wohl und sagte „ja“, zur großen Familie.
Auch junge Mütter und Väter können Eltern sein
Auf den Satz, dass junge Eltern glaubten, Eltern sein zu können“, muss ich eingehen. Ich habe nie verstanden, warum es den ganz jungen Müttern oder Eltern abgesprochen wird, ein Kind großziehen zu können. Unser frühes Kind hat sich mit Anfang 20 gebunden und eine Familie gegründet. Er steht im Arbeitsleben, zahlt Steuern, lebt nicht von Sozialleistungen, die Partnerschaft ist stabil. Somit, so denken wir, können wir gar nicht alles falsch gemacht haben. Wir glaubten nicht, Eltern sein zu können, wir waren es.
Gibt es Eltern, die von sich sagen, immer alles richtig gemacht zu haben? Zu diesen Eltern gehören wir nicht. Ich wurde mit 32 Jahren ein viertes Mal Mutter, bei unserem jüngsten Kind haben wir vieles anders gemacht. Wir waren reifer, hatten Erfahrung und noch mehr Routine. Perfekt waren wir trotzdem nicht.
Grundsätzlich sollte niemand einfach so behaupten, dass ganz junge Eltern nicht fähig wären, Kinder zu betreuen und zu erziehen. Letztlich liegt es jedem selbst: Eine 40 Jahre alte Mutter kann mit ihrer Rolle genauso überfordert sein, wie eine 17-jährige. Umgekehrt ist das ebenso möglich. Es kommt darauf an, ob und wie es uns gelingt, uns auf die Elternschaft einzulassen. Das Alter spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Was ich meinen Enkelkindern rate
Nicht mit 14, aber auch nicht mit 40 – das ist mein Rat, den ich weitergebe, wenn ich von gefragt werde, ob ich es immer wieder so machen würde. Meine erste Schwangerschaft ist lange her, das Leben hat sich verändert. Nicht nur für Menschen, die in der DDR aufwuchsen: Ich finde es sehr anspruchsvoll, in der heutigen Zeit ein Kind großzuziehen. Das Smartphone, die sozialen Netzwerke, Influencer als Vorbilder für Zehnjährige und die vielen Einflüsse, die durch unterschiedlichste Erziehungsmethoden auf Kinder in den Kitas und Schulen einprasseln: Ich bin schon ganz froh, dass ich das nicht mehr leisten muss.
Mein Mann und ich haben es nie bereut, ganz junge Eltern gewesen zu sein. Dennoch sollte es heute niemand darauf anlegen. Wir bekamen damals eine Wohnung, das tägliche Leben war subventioniert und somit günstig, wir konnten eine kostenlose Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, wenn wir es denn wollten; Schulen und Arbeitgeber zeigten Verständnis. All das ist heute anders.
Mutterschaft mit 40?
Zu einer Schwangerschaft mit Ü40 kann ich nicht viel sagen. Ich bin in diesem Alter das erste Mal Oma geworden und habe gemerkt, dass die Ressourcen, die ich bei meinen eigenen Kindern hatte, nicht mehr in dem Maße vorhanden waren. Mag sein, dass ich sie bereits verbraucht hatte, doch wer vor der Elternschaft eine Karriere anstrebt, steckt auch Kraft und Energie hinein.
Die Mutterschaft mit 40 habe ich in einem Artikel auf meiner Autorenwebseite behandelt. Auch diese Frauen sind Aggressionen ausgesetzt, vielleicht schlagen sie aus diesem Grund gegen ganz junge Mütter zurück. Vielleicht ist es aber auch der Neid auf das Leben der gleichaltrigen Mittvierziger, die mit großen Kindern unabhängiger sein können. Oder der Abschied von dem „alten“ Leben fällt schwer.
Ich meine, dass alles im Leben seine Zeit hat, und dass die Natur Gründe dafür hatte, der Frau nur eine begrenzte Fruchtbarkeit zu schenken. Aber das ist meine persönliche Meinung. Jeder muss für sich sein eigenes Lebensmodell finden. Die junge Mama und die Frau, die sich jenseits ihres 40. Geburtstags für Kinder entscheidet. Vor allem sollte es möglich sein, wertungsfrei darüber zu sprechen. Und wir sollten nicht nur an uns denken, sondern auch einen Blick in die Zukunft wagen.
In die Zukunft blicken
Wir sind sehr glücklich, dass wir unsere Kinder lange begleiten, dass wir die Enkel aufwachsen zu sehen und irgendwann vielleicht ein Urenkelchen im Arm halten. Unsere großen Kinder fanden es immer gut, dass sie junge Eltern haben. Bei einer Mutterschaft mit 40 ist der gemeinsame Weg nicht mehr so lang. Meine Mutter war das sechste Kind, ihre Eltern waren beide über 40, und obwohl sie die 80 überschritten, war der gemeinsame Weg deutlich kürzer. Ich hatte mit 18 Jahren keine Großeltern mehr.
Ich betrachte das Thema nur aus der familiären Perspektive, bitte sieh es mir nach. Jeder baut sein Leben auf anderen Säulen auf. Bei uns war und ist es die Familie. Unsere Kinder teilen unseren Sinn für gemeinsame Stunden, für Urlaube, Ausflüge und andere Aktivitäten. Aber mein Mann und ich haben auch ein Leben als Paar. Das hatten wir immer. Wir bekamen kein frühes Kind, weil wir außerhalb der Laken nichts miteinander anfangen konnten. Dann wären wir heute, ein paar Jahrzehnte später, sicher nicht mehr zusammen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir sind in unseren Interessen ausgesprochen vielseitig. Womit die dritte der Behauptungen der Facebook-Userin auch widerlegt wäre.
Den Sonnenschein später genießen
In der DDR hieß unsere Bravo „Neues Leben“. Unser Doktor Sommer trug den Namen „Professor Borrmann“. Er beantwortete Fragen zu den Themen Liebe und Sexualität. Weil es bei uns nicht unüblich war, ganz früh Mama zu werden, gab es dazu einen Beitrag. Ich war noch nicht schwanger, als ich las, dass der Professor dem jungen Mädchen riet, den Sonnenschein doch besser später zu genießen. Das ist es, was ich meinen Enkeln sage:
Wir haben in einem anderen Land und in einer anderen Zeit gelebt und unsere frühe Elternschaft nie bereut. Aber heute ist alles anders. Ihr habt mehr Möglichkeiten, müsst einen längeren Weg zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit gehen. Ihr könnt reisen und euch ein Leben mit viel mehr Optionen aufbauen. Genießt den Sonnenschein später. Aber vielleicht nicht so spät, dass ihr keine Chance mehr habt, eure Enkelkinder kennenzulernen.
Junge Frauen können gute Mamas sein
Auch, wenn die Zeiten andere sind, bin ich überzeugt, dass junge Frauen, die vor ihrem 20. Geburtstag ein Baby bekommen, sehr gute Mamas sein werden. Es wäre schön, wenn diese Vorurteile aufhören könnten.
Die Natur hat es vorgesehen, dass junge Frauen mit dem Einsetzen der Regelblutung Kinder bekommen können. Nicht die biologische, sondern die gesellschaftliche und soziale Entwicklung hinkt in der westlichen Welt hinterher. Es fehlen die Ausbildung, ein stabiles Einkommen, oft auch eine angemessene Wohnung. Aber das lässt sich alles lösen. Die Liebe, die eine Mutter für ihr Kind empfindet, und die Fähigkeit, sich zu kümmern, bekommen wir von unseren Genen mitgeliefert.
Nicht alle jungen Mütter kommen aus stabilen sozialen Verhältnissen, und es gibt nicht immer einen Papa, der sich in gleicher Weise kümmern möchte. Doch wir leben in einem Staat, der die jungen Mamas nicht vollständig allein lässt. Gerade, wenn das eigene Familienleben mit Konflikten behaftet war, kann eine frühe Mutterschaft Halt geben. Sie muss nicht zwingend zu einer Belastung werden. Es gilt, die Situation für sich zu akzeptieren und nach Lösungswegen zu suchen. Dann kann der kleine Sonnenschein zum Lebensglück werden … in jedem Alter.
Tipps für ganz junge Schwangere
Du bist früh schwanger geworden und hast viele Fragen? Hier bekommst du ein paar wichtige Tipps, die dir weiterhelfen können. Einen zusätzlichen Rat möchte ich dir auch noch mitgeben: Lies während deiner Schwangerschaft gute Bücher, aber niemals übergriffige Facebook-Kommentare. Sie ziehen dich eher herunter, als dass sie dir weiterhelfen.
1. Hol dir Unterstützung – so schnell es geht
- Sprich mit jemandem an, dem du wirklich vertraust: Eltern, Großeltern, Geschwister, Lehrer oder eine Sozialarbeiterin.
- Such dir professionelle Beratung bei Schwangerschaftsberatungsstellen wie Pro Familia, Donum Vitae oder Caritas. Sie helfen dir nicht nur emotional, sondern auch bei Anträgen und rechtlichen Fragen.
2. Informiere dich über deine Rechte & Hilfen
- Du hast Anspruch auf:
- Mutterschutz (auch als Schülerin)
- Kindergeld, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss
- Unterstützung vom Jugendamt (z. B. Beistandschaft für das Kind)
- Wohnhilfe oder eine Mutter-Kind-Einrichtung, wenn das Zuhause unsicher oder belastend ist.
3. Denk an deine eigene Zukunft – nicht aufgeben!
- Eine Schwangerschaft oder ein Kind bedeutet nicht das Ende deiner Träume.
- Es gibt Schulformen mit Kinderbetreuung oder spezielle Programme für junge Mütter.
- Du kannst deinen Schulabschluss machen oder eine Ausbildung beginnen – auch mit Kind.
- Frag nach Unterstützung durch Jugendsozialarbeit oder Bildungsträger mit Mutter-Kind-Angeboten.
4. Kümmere dich um deine Gesundheit
- Geh regelmäßig zum Frauenarzt.
- Ernähre dich gut, ruh dich aus und nimm notwendige Vorsorgeuntersuchungen wahr.
- Vermeide Stress – such dir sichere Räume für deine mentale Gesundheit.
5. Lass dir beim Umgang mit dem Vater des Kindes helfen
- Ob der Vater des Kindes Teil eures Lebens sein soll, hängt von vielen Dingen ab – Vertrauen, Verantwortung, Sicherheit.
- Jugendämter können hier vermitteln, auch bei schwierigen oder unsicheren Situationen.
6. Du bist nicht allein.
- Viele junge Mütter haben den Weg vor dir geschafft – mit Höhen und Tiefen.
- Es gibt Selbsthilfegruppen, Foren oder lokale Gruppen für junge Mütter. Der Austausch hilft enorm.
- Sei stolz auf jeden kleinen Schritt, den du gehst – und hab Geduld mit dir.

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